Obwohl die Kombination von Stimme und Trompete allein schon aus dem Rahmen fällt, ist die spezielle Ausführung hier so alltäglich wie ein 29. Februar. Die Trompeterin Ulher, die sich nur scheinbar rar gemacht hatte, ist ganz im Gegenteil permanent in eine ganze Reihe von Aktivitäten verwickelt. Neben dem Quartett UNSK, mit dem sie 2004 eine USA-Tournee absolvierte, ist sie mit ihren verschiedenen Duos & Trios und diversen Ad-hoc-Projekten immer wieder im Hamburger H-7 Club zu hören, ebenso wie bei Gastspielen in der Bay Area im Oktober ‘04 oder beim Konstanzer Jazzherbst. Dass sich in ihrer Ästhetik verwandte Züge zu Action Painting, Fluxus und Informel ausmachen lassen, ist nach ihrem Slants-Duo mit Ernst Thoma auch im Zusammenklang mit Wassermann gut hörbar. Der Titel betont schon die Materialbezogenheit des Ansatzes, das Faible für den Stoff, aus dem die Klänge sind. Geräusche werden, fast durchwegs rubato, durchwegs in nichtidiomatischer Abstraktion, in der Raumzeit aufgetragen. Schnarrende Vibrationen, die an- und aufgeraut gurren oder flattern, schnelle Wischer und Schmierer, halb steno-, halb kalligraphisch festgehaltene Gedankenblitze und minuziöse Interaktionen bestimmen die Klangverläufe, die dabei immer auf ihre konkrete Präsenz pochen, ohne konnotative, symbolische Nebenjobs. Ute Wassermann, weltweit umtriebige Improvisatorin, Interpretin Neuer Musik und Komponistin von Bühnen- und Radiomusiken, setzt ihre Stimme auf sehr ähnliche Art ein, als eine Geräuschquelle, mit Kehle, Gaumen, Lippen als Kanal und Ventil von labialer, gutturaler Luftakrobatik. Parallelführungen und Beinaheunisonos oder eine reißverschlussähnliche Konsonanz der beiden Kunstjägerinnen und Stoffsammlerinnen prägen ihre 10 gemeinsamen, jeweils um eine andere Nuance fokusierten Materialprüfungen. Mit der reduktionistischen Welle teilen die sonischen Finessen dieses molekularen, tachistischen Pointillismus die Detailakribie, ohne dem ‚Diskreten‘ per se zu huldigen.