Ein Komponist? Überflüssig!

By: Thomas Schacher

Neue Züricher Zeitung

2022

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Language: Deutsch

Das Equipment erweckt abenteuerliche Phantasien: Im Raum stehen diverse Gebrauchsgegenstände wie Trichter, Pfeifen und Küchengeräte. Das einzige Instrument, das zu sehen ist, erinnert entfernt an ein Klavier. Dazu kommen Mikrofone, Lautsprecher, elektronische Geräte, eine Beleuchtungsanlage und ein riesiger Kabelsalat. Die Ausstattung wartet auf den Auftritt des Trios N.E.W. Es sind dies die Trompeterin Sabine Ercklentz, die Stimmkünstlerin Ute Wassermann und die «Pianistin» Andrea Neumann. Ihr auf dem Programmzettel als «Innenklavier» bezeichnetes Instrument hat keine Tasten, nur Resonanzraum und präparierte Saiten, die sie mit den Fingern, mit Schlägeln und Bögen zum Klingen bringt.

Auch bei der Klangerzeugung der Trompeterin bilden die herkömmlichen Klänge des Instruments die grosse Ausnahme. Und dass in diesem Umfeld die Stimmkünstlerin normale Töne singen würde, erwartet schon gar niemand. Das ästhetisch Spannende an der dreiviertelstündigen Performance der drei Frauen liegt im Ineinandergreifen von analogen und digitalen Klängen, von Menschlichem und Maschinellem, von Körperlichkeit und Abstraktion. Und in der Unvorhersehbarkeit des formalen Ablaufs. Denn «The Blob», so heisst das Stück, ist aus dem Moment heraus entstandene Musik und würde bei jeder neuerlichen Aufführung wieder anders klingen. Aber genau darum geht es hier.